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Von: Reinhard Prahl
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Die dänische Thrillerserie „Oxen“ erzählt die Geschichte eines Elitesoldaten, der in das Intrigennetz einer Organisation gerät, welche die Regierung stürzen will. Dabei verspricht die Pilotfolge spannende Unterhaltung mit Dramacharakter und wirft auch einen Blick auf das „Afterlife“ traumatisierter Soldaten.
Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!
Das passiert in der ersten Episode der Thrillerserie „Oxen“
Niels (Jacob Lohmann) ist ein hochdekorierter Veteran, der unter einem Kriegstrauma leidet. Darüber hinaus hat ihn sein Vorgesetzter während eines Kampfeinsatzes feige im Stich gelassen, weshalb sein bester Freund starb. Als der Offizier das Fehlverhalten meldet und eine Sonderkommission eingesetzt wird, stellt sich heraus, dass der Feigling einer mächtigen Familie entstammt, die nicht davor zurückschreckt, einen hochrangigen Politiker ermorden zu lassen, um nicht in Verruf zu geraten.
Statt Hilfe zu erhalten, sorgen die mächtigen Drahtzieher jedoch dafür, dass Oxen unehrenhaft entlassen wird. Frustriert und vom Leben enttäuscht zieht er sich in den Wald zurück, bis eines Tages die Geheimdienstlerinnen Frigg (Ellen Gunilla Hillingsø) und Margrethe (Josephine Park) mit einem speziellen Angebot an ihn herantreten, denn in Dänemark hat sich eine Geheimorganisation breit gemacht, die nicht weniger als die Übernahme der Macht im Land zum Ziel hat.
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Ein starker Protagonist
Wer die dänische Thrillerserie Oxen bisher noch nicht in der ZDFmediathek gesehen hat, sollte der sechsteiligen Staffel um den gleichnamigen Ex-Elitesoldaten, der in eine Verschwörung ungeahnten Ausmaßes stolpert, vielleicht im linearen Fernsehen eine Chance geben. Die Pilotfolge hinterlässt jedenfalls schon mal einen soliden Eindruck und verspricht eine spannende Geschichte, die sich irgendwie zwischen Thriller und privatem Rachefeldzug einordnen lassen dürfte.
Die Geschichte beginnt, als der hochdekorierte Soldat Niels Oxen nach einem missglückten Auslandseinsatz wieder versucht, in der Heimat Fuß zu fassen. Im Stich gelassen von seinem Vorgesetzten, schleppte er seinen tödlich verwundeten Kameraden zurück zur Basis, wo dieser allerdings starb. Dass so ein Erlebnis seelische Wunden hinterlässt, die nie wirklich heilen, ist klar. Das wissen auch die Autoren Mai Brostrøm und Peter Thorsboe, die das Drehbuch nach einem Roman des dänischen Bestsellerschriftstellers Jens Henrik Jensen verfasst haben. Obwohl er eine Familie hat, gelingt es Oxen nicht wirklich, sich wieder zu Hause zurechtzufinden.
Seine Frau kann mit den traumatischen Erlebnissen und der charakterlichen Wandlung ihres Mannes nicht umgehen, weshalb es zu Trennung kommt. Und selbst die starke Verbindung zwischen Vater und Sohn bekommt Risse, als Niels während eines Treffens mit ihm Besuch von einem ehemaligen, nun drogensüchtigen Kameraden bekommt. Das ist sehr eindrücklich geschildert, zumal die Hautfigur immer wieder in Nebensätzen betont, dass kein Zivilist verstehen könne, was die Soldaten im Krieg durchgemacht haben.
Dass das Drehbuch hier glaubwürdig rüberkommt, ist vornehmlich der starken Leistung von Jacob Lohmann zu verdanken, durch die man den Seelenschmerz der Figur hautnah miterlebt. Einerseits lässt der Darsteller sein Publikum die antrainierte, in Fleisch und Blut übergegangene Härte eines Elitesoldaten spüren, andererseits ist unübersehbar, dass er unter seinen traumatischen Kriegserlebnissen leidet. Das Ganze wird auf die Spitze getrieben, als Niels die Flucht seines Vorgesetzten meldet und eine Untersuchungskommission eingesetzt wird.
Oxen hat das Pech, dass der Offizier einer mächtigen Familie angehört, die alles daransetzt, eine weiße Weste zu behalten. Das führt dazu, dass er ausgerechnet deshalb unehrenhaft entlassen wurde, weil seine mächtigen Kontrahenten seinen drogensüchtigen Kameraden anheuerten, um ihm eine große Menge Heroin unterzuschieben. Die bittere Ironie ist, dass Niels dem Verräter nicht einmal böse ist, weil er weiß, dass die Sucht seines Freundes ebenfalls auf dessen Kriegseinsätze zurückzuführen ist.
Die Verschwörung
Derartige Ideen erhöhen die Intensität, obwohl damit das Kernthema der Geschichte noch nicht einmal angesprochen ist. Denn die oben erwähnte superreiche Familie hat offenbar mehr als nur Dreck am Stecken. Zum einen lebt das Familienoberhaupt quasi unantastbar als Schlossherr und lässt regelmäßig Prostituierte anreisen, die anschließend zur perversen Lustbefriedigung bestialisch ermordet werden. Zum anderen ist er einer der Anführer der Geheimorganisation „Danehof“, die nichts weniger plant, als die Regierung zu stürzen.
Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Name auf die Ermordung von Erik V. von Dänemark im Jahr 1286 bezieht, in dessen Folge neun Adlige vor dem Danehoffet in der Stadt Nyrborg für vogelfrei erklärt wurden. Der historische Bezug ist in Anbetracht der Macht der besagten Familie recht spannend und verspricht einen hochinteressanten Plot, zumal Oxen nach seiner unehrenhaften Entlassung seinen Kameraden aufsucht, der als Aussteiger im Wald lebt. Niels findet seinen Freund jedoch nur noch mit einer Heroinspritze neben sich liegend tot auf und beschließt, fortan in dessen Zelt weiterzuleben.
Und nun wird es interessant, denn im zweiten Handlungsstrang lernen wir die Geheimdienstabteilungsleiterin Frigg und ihre Mitarbeiterin Margrethe kennen, die im Mordfall ausgerechnet jenes Politikers ermitteln, der auf Oxens Antrag hin die oben genannte Untersuchungskommission einberufen hat. Zudem stirbt zunächst ein Polizist, der während eines Besuches auf dem Schloss beobachtete, wie jemand die Leiche einer Frau verschwinden ließ. Kurz nachdem ein offensichtlich geschmierter Mitarbeiter aus Friggs Abteilung versucht, über dessen Frau an mögliche Unterlagen über den Fall zu kommen, wird auch sie ermordet, was die Story umso brisanter macht.
Etwas viel auf einmal
Spätestens hier wird das Ganze allerdings auch ein wenig unübersichtlich, da die Serienmacher auf den ersten Blick recht viele Baustellen eröffnen. Schaut man etwas näher hin, stellt man aber schnell fest, dass alle Wege zum Schloss führen, wo mächtige Strippenzieher jede Person skrupellos aus dem Weg räumen, die ihren Zielen im Weg stehen.
Wie sich die Geschichte weiterentwickelt und welche Rolle die unbestrittenen Drama-, Rachefeldzug- und Verschwörungstheorieanteile des Plots letztlich spielen, muss sich in den weiteren fünf Folgen zeigen, es besteht allerdings durchaus die Gefahr, dass sich die Geschichte in ihren vielen Strängen verlieren könnte oder eben in eine One-Man-Show abdriftet, in der Niels zum großen Racheengel wird und damit quasi im Alleingang auch gleich die Danehof-Organisation zerschlägt. Dies würde allerdings eher dem US-amerikanischen Actionmuster entsprechen, was hier nicht sonderlich gut passen würde...
Fazit
Die Debütfolge der sechsteiligen Staffel von Oxen ist spannend und weckt Interesse. Inszenatorisch gibt es nicht viel auszusetzen, die Dialoge ergeben durchgehend Sinn und führen uns an die Protagonisten heran. Hübsch undurchsichtig ist die Geschichte auch und mit spannenden Figuren besetzt. Ein wenig typisches Nordic-Noir-Feeling darf ebenfalls nicht fehlen, zumal Niels soldatischer Background noch einige actionlastige Momente verspricht.
Nur übertreiben sollten es die Serienmacher nicht. Wenn sich der Plot aber weiterhin auf die Figuren konzentriert und das Actionelement wohldosiert und temperiert einsetzt, könnte die Serie richtig Spaß machen. Da die Vorlage Teil einer mehrbändigen Buchreihe ist, könnte sich daraus durchaus eine neue mehrstaffelige Serie ergeben, die jeweils einen Roman adaptiert.
Wir vergeben vier von fünf Punkten.